Lernen durch das Lernen by MMag. Karin Silvina Hiebaum de Bauer
Mediation ist ein wichtiger Bestandteil des Sprachunterrichts.
Obwohl das Schlagwort Mediation bereits im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER) enthalten war, hat sich der Fokus mit Erscheinen des Begleitbandes zum GER nun deutlich stärker hin zu dieser Kompetenz entwickelt. Es geht nicht nur um die Übermittlung von Inhalten zwischen Sprachen, sondern vor allem um die Weitergabe von Informationen innerhalb der Zielsprache.
Mediation hat eine wichtige Rolle im kommunikativ-pragmatischen Ansatz des Deutschunterrichts mit Erwachsenen inne. Denn das Ganze kann nur funktionieren, wenn man sinnvolles sprachliches Handeln praktiziert.
Mediation ist eine anspruchsvolle Fähigkeit, bei der Texte oder Daten mündlich oder schriftlich verarbeitet werden müssen und die daraus gewonnenen Informationen anschließend schriftlich oder mündlich weitergegeben werden müssen. Rezeptive und produktive Fertigkeiten sind in diesem Prozess sehr komplex. Es bleibt nicht beim reinen Hören oder Lesen und anschließendem schriftlichen oder mündlichen Zusammenfassen oder Verstehen. Die Informationen müssen transformiert werden, um dann auch auf die Situation und den Adressaten bezogen mündlich oder schriftlich wiedergegeben zu werden.
Zur Erreichung dieser Kompetenz im Deutschunterricht ist ein hohes Bewusstsein der Kursleitenden über die dafür notwendigen Teilkompetenzen erforderlich. Die Teilkompetenzen umfassen das Zusammenfassen von Informationen aus mündlichen oder schriftlichen Quellen, das Anfertigen von sinnvollen Kurznotizen, das Erkennen von Schlüsselwörtern, den Umgang mit Abkürzungen und schließlich den Austausch von Informationen anhand der Kurznotizen.
Es ist wichtig, die Teilkompetenzen zunächst einzeln und dann aufeinander aufbauend sowie kombiniert zu trainieren. Nehmen wir zum Beispiel den Komplex «Kurznotizen anfertigen» an. Ein sinnvoller Umgang mit dieser Kompetenz ist es, von dem gesteuerten Anwenden auszugehen, indem vorgegebene Kurznotizen zu einem Hör- oder Lesetext zunächst einmal zugeordnet oder in die richtige Reihenfolge gebracht werden. Durch die Bearbeitung von Kurznotizen können schließlich eigene Notizen erstellt werden, um anschließend eigene Notizen zu überschaubaren und nicht zu langen Texten anzufertigen.
Zur Überprüfung, ob diese Kurznotizen tatsächlich für die Weitergabe der Informationen hilfreich sind, bietet sich Partnerarbeit mit anschließender Reflexion des Prozesses an.
Erfolgreich Lernen: Effektive Lernstrategien frisch aus der kognitionspsychologischen Forschung
von MMag. Karin Silvina Hiebaum de Bauer, Psychologin – Psychotherapeutin.
In der Schule, während der Ausbildung und an der Universität eignen wir uns viel Wissen an und sollten nicht nur für eine bevorstehende Prüfung, sondern auch darüber hinaus darauf zugreifen können. Die traurige Wahrheit ist jedoch, dass wir nach längerer Zeit nur noch über einen Bruchteil dieses Wissens verfügen. Die Kognitionspsychologie hat in den letzten Jahren intensiv Lernstrategien erforscht, die langfristiges Behalten von Wissen begünstigen. Zwei erfolgreiche, praktikable und kostengünstige Lernstrategien und ihre Anwendung im Lernalltag werden hier vorgestellt.
Zwei Monate vor der Prüfung: Die Termine stehen fest. Super, ich habe genug Zeit, um den ganzen Stoff zu lernen und mich gut auf die Prüfung vorzubereiten. Kein Stress, das ist gut.
Zwei Wochen vor der Prüfung: Es wird Zeit mit der Prüfungsvorbereitung zu beginnen. Letztes Mal hat es mit der kurzfristigen Vorbereitung auch ganz gut geklappt. Etwas Stress, aber kein Problem.
Zwei Tage vor der Prüfung: Jetzt wird gepaukt, was das Zeug hält. Stress pur, aber für die Prüfung wird es reichen.
Zwei Monate nach der Prüfung: Alles vergessen.
So oder so ähnlich geht es vielen Schülern und Schülerinnen sowie Studierenden. Kurz vor der Prüfung wird der Lernstoff häufig in kurzen Abständen wiederholt gelesen, um schnelle Lernerfolge zu erzielen, weil die Zeit knapp ist. Problematisch ist, dass sowohl das geballte Lernen als auch das wiederholte Durchlesen der Unterlagen nur kurzfristig brauchbare Strategien darstellen. Wissen, das auf diese Weise erarbeitet wurde, wird sehr schnell wieder vergessen. Schnelle Lernerfolge übersetzen sich leider nicht automatisch in langfristige Lernerfolge. Ganz im Gegenteil! Ein einfaches Prinzip aus der Kognitionspsychologie besagt: Schnelles und leichtes Lernen führt zu kurzfristigem Wissenserhalt; langsameres und aufwändigeres Lernen führt zu langfristigem Wissenserhalt (Bjork, 1994). Von langfristigem Lernerfolg wird gesprochen, wenn Wissen auch ein paar Tage nach dem Lernen (und idealerweise länger) noch abrufbar ist.
Zwei auf diesem simplen Prinzip basierende Lernmethoden haben sich hinsichtlich langfristiger Lernerfolge an die Spitze katapultiert. Die erste Methode, Lerntests, beschäftigt sich damit, wie der Lernstoff erarbeitet werden sollte. Die zweite Methode, Verteiltes Lernen, spezifiziert, wann am besten gelernt werden sollte. Diese Strategien sind gut erlernbar, kosteneffektiv und als Methode für Lehrende und Lernende anwendbar (Dunlosky, Rawson, Marsh, Nathan & Willingham, 2013).
Benutze Tests zum Lernen!!
Im Lehrkontext werden Tests normalerweise verwendet, um zu bewerten, wieviel die oder der Lernende über ein Thema gelernt hat. Üblicherweise decken diese Tests eine große Menge Lernstoff ab, da sie erst nach einer gewissen Zeit (z. B. wenn ein Thema abgeschlossen ist) oder am Ende des Halbjahres/Semesters gestellt werden. Neben diese Funktion eines Tests tritt aber noch eine andere: KognitionspsychologInnen haben nämlich gezeigt, dass Tests eine der besten Lernmethoden für langfristigen Lernerfolg darstellen.
Solche Lerntests führen zum besseren Behalten von Wissen als ein wiederholtes Lesen derselben Information (auch Testeffekt genannt). So instruierten Roediger und Karpicke (2006) die Teilnehmenden entweder, eine Textpassage wiederholt zu lesen (Lese-Strategie), oder alles aus dem Gedächtnis zu reproduzieren ( freier Gedächtnisabruf), was sie sich nach einmaligem Lesen des Textes merken konnten (Test-Strategie). Für den Abschlusstest mussten beide Gruppen möglichst viele Textinformationen frei aus dem Gedächtnis wiedergeben. Das Ergebnis war eindeutig: Teilnehmende mit der Lese-Strategie schnitten kurz nach dem Lernen zwar etwas besser ab als die mit der Test-Strategie, aber schon zwei Tage später übertrumpfte die Test-Strategie die Lese-Strategie und dies war auch eine Woche später noch so.
Vorteile von Lerntests zeigen sich zwar bereits, wenn Lernende kein Feedback über ihre Leistung in den Lerntests erhalten, jedoch lässt sich dieser Effekt weiter verstärken, wenn die Lernenden Rückmeldung über ihre Leistung in den Lerntests bekommen. Das ermöglicht ihnen ihre Fehler zu korrigieren. Positive Effekte von Lerntests im Vergleich zu wiederholtem Lesen können bis zu 16 Wochen nach Ende des Lernens anhalten, wie eine Studie mit AchtklässlerInnen für den Geschichtsunterricht zeigt (Carpenter, Pashler & Cepeda, 2009).
Lerntest und Abschlusstest müssen dabei nicht zwangsläufig das gleiche Format haben. In einer Studie von McDaniel, Howard und Einstein (2009) bearbeiteten Teilnehmende einen komplexen Fachtext auf drei unterschiedliche Arten. Sie wurden aufgefordert, entweder den Text wiederholt zu lesen, sich Notizen zu machen oder Inhalte des Textes frei aus dem Gedächtnis abzurufen. Eine Woche später bearbeiteten alle Teilnehmenden drei verschiedene Abschlusstests: freier Gedächtnisabruf der Textinformationen, Beantwortung von Fragen zum Text und einen Multiple-Choice Test. In allen Tests waren die Leistungen am besten, wenn eine Woche zuvor während des Lernens die Textinhalte frei aus dem Gedächtnis abgerufen worden waren – wenn sich die Teilnehmenden also selbst getestet hatten. Karpicke und Blunt (2011) untersuchten dieses Ergebnis genauer: Personen erarbeiteten sich einen Text, indem sie ihn mehrmals abwechselnd frei aus dem Gedächtnis abriefen und lasen und einen anderen Text, indem sie eine Concept Map kreierten, welche die wesentlichen Zusammenhänge bildlich repräsentierte. Eine Woche später musste die Hälfte der Personen Fragen zu den Texten beantworten, während die andere Hälfte Concept Maps zu beiden Texten gestaltete: Ein Lerntest, der freien Gedächtnisabruf erforderte, führte in beiden Testformaten zu besseren Leistungen, und zwar obwohl die Teilnehmenden nach dem Lernen in ihrer Concept Map mehr Ideen aus dem Text integriert hatten als in ihrem freien Abrufprotokoll. Das heißt, selbst wenn ein Text während der Lernphase mit Hilfe einer Concept Map erarbeitet wurde, half der freie Abruf von Informationen mehr, um im Abschlusstest eine Concept Map zu entwerfen.
Bemerkenswert ist, dass Personen direkt nach der Lernphase die Concept Map-Strategie erfolgversprechender einschätzten als die Lerntest-Strategie. Dasselbe Muster findet sich auch bei der Wiederholt-Lesen-Strategie und der Lerntest-Strategie: Wiederholtes Lesen fühlt sich für Lernende als die sicherere Strategie an, während sie Lerntests als weniger hilfreich einschätzen (Agarwal, Karpicke, Kang, Roediger & McDermott, 2008). Demnach reflektiert unsere unmittelbare Einschätzung der Effektivität einer Lernstrategie scheinbar nicht deren tatsächlichen Erfolg, Wissen langfristig zu behalten. Schnelle Erfolge während des Lernens „gaukeln“ uns vor, neu erworbenes Wissen für eine lange Zeit behalten zu können, obwohl dies nicht der Fall ist.
Ein guter Lerntest sollte Lernende motivieren, Informationen frei aus dem Gedächtnis abzurufen. Die Suche nach Informationen im Gedächtnis und ihr Abruf führen zu einer Verstärkung der Gedächtnisspur, was sich positiv auf das Behalten von Informationen auswirkt. Darüber hinaus werden nicht nur diejenigen Informationen verstärkt, die tatsächlich abgerufen wurden, sondern auch die, die mit der abgerufenen Information im Zusammenhang stehen (Chan, 2010). Das macht diese Lernstrategie im Bildungskontext besonders attraktiv, weil es unmöglich wäre, Lerntests zu gestalten, die das gesamte Material umfassen. Interessant ist auch, dass sogar Lerntests im Multiple-Choice Format genutzt werden können, um aktive Abrufprozesse zu stimulieren, indem Antwortalternativen gewählt werden, die die Lernenden anregen, zusätzliche Information aus dem Gedächtnis heranzuziehen, um die Frage korrekt zu beantworten (Little, Bjork, Bjork & Angello, 2012).
Lerntests sind daher vielseitig einsetzbar: Man kann damit nicht nur das Lernen von Textinformationen verbessern, sondern auch das Lernen von Inhalten aus Vorlesungen an der Universität oder dem Unterricht in der Schule (Butler & Roediger, 2007). Außerdem profitieren Personen aller Altersstufen, das heißt vom Kindergartenalter bis ins hohe Alter, von den positiven Effekten (Dunlosky et al., 2013).
Verteile Deine Lernzeit!!
Um den Lernstoff gut zu beherrschen, sollte er nicht nur einmal durchgearbeitet, sondern wiederholt gelernt werden. Die Frage ist nun, wann optimalerweise wiederholt gelernt werden soll. Im eingangs aufgeführten Beispiel ist eine bei Schülern und Schülerinnen sowie Studierenden gängige Praxis beschrieben: Ein oder zwei Tage vor der Prüfung wird der Lernstoff mehrmals hintereinander geballt gelernt – im Folgenden auch als „Pauken“ bezeichnet. Diese Strategie kann für eine bevorstehende Prüfung durchaus erfolgreich sein.
Der Weg zum Lernerfolg…
…besteht darin, sein Wissen zu testen. Tests haben einen schlechten Beigeschmack, weil sie mit Leistungsdruck und Noten assoziiert werden, aber sie sind geniale Gedächtnisverstärker und damit eine der effektivsten Lernmethoden. Sobald Lerntests fester Bestandteil der Lehr- und Lernroutine werden und eine Verbesserung der Leistung sichtbar wird, wird die anfängliche Frustration verfliegen.Bild von Pexels via pixabay (https://pixabay.com/en/books-feet-legs-person-reading-1841116/), cc (https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de)
…besteht darin, längere Lernpausen zwischen Wiederholungen desselben Lernstoffs zu machen. Pauken gibt einem zwar das Gefühl, alle Informationen sehr präsent zu haben, was aber nur für eine kurze Zeit anhält. Schon ein paar Tage später ist das Erlernte vergessen. Abstände zwischen Lernphasen helfen, Wissen für einen langen Zeitraum zu behalten.
…„wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer“ (Xavier Naidoo, 2005, Dieser Weg). Die kognitionspsychologische Forschung zeigt jedoch eindeutig, dass er sich zu gehen lohnt, wenn langfristiges Lernen das Ziel ist.
Bilder: Home – Schloss Hollenburg (hochzeitsschloss-hollenburg.at)
Una opinión sobre “Erfolg beim Lernen – Die beste Lerntechniken ohne Druck”
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