Hätte, würde, könnte – in diesem Artikel erklären wir kompakt anhand von Beispielen, wann der Konjunktiv I und wann der Konkjunktiv II zu gebrauchen ist. Außerdem verraten wir Ihnen, was es mit „Potenzialis“ und „Irrealis“ auf sich hat. Entnommen ist der Text unserem Titel Ja wie denn nun? Sprachliche Zweifelsfälle und ihre Lösung.

Konjunktiv I und II unterscheiden sich nicht zeitlich, sie haben unterschiedliche Funktionen. Der Konjunktiv I wird vornehmlich zur Kennzeichnung der indirekten Rede gebraucht, der Konjunktiv II vor allem als Ausdruck des nur Vorgestellten, des Möglichen und des Irrealen, wobei der Konjunktiv II häufiger vorkommt als der Konjunktiv I. Viele Formen des Konjunktivs I sind gegenüber dem Indikativ gar nicht erkennbar; weil dies auch für zahlreiche Formen des Konjunktivs II gilt, wird die würde-Konstruktion immer häufiger verwendet

Konjunktiv I und II Schüler /-innen

Konjunktiv I und II sind gar nicht so schwer zu bilden. | Foto: SeventyFour / Getty Images

Konjunktiv I und II: wichtige Grammatik

Eine Interpretation schreiben, eine Gedichtanalyse verfassen, die Dramentheorien kennen und dazu noch wissen, was in den einzelnen Literaturepochen wie Barock, Romantik oder Sturm und Drang wichtig ist – im Fach Deutsch ist umfassendes Wissen gefragt. Dazu gehört auch der richtige Gebrauch der Grammatik. Und da hat die deutsche Sprache die ein oder andere Herausforderung zu bieten. Für manch eine /-n sind das die Kommaregeln, für andere der Konjunktiv. Doch wie meistens in Sachen Grammatik gilt auch für den Konjunktiv I und II: Alles halb so schlimm, denn  es gibt klare Regeln, die Bildung und Gebrauch festlegen. Diese Regeln erklären wir dir hier.

Definition: Was ist ein Konjunktiv?

Beim Konjunktiv handelt es sich um eine bestimmte Verbform, einen sogenannten Modus. Davon kennst du bereits mehrere: den Indikativ und den Imperativ. Der Indikativ ist die Normalform des Verbs, er wird auch als Wirklichkeitsform bezeichnet, z.B. «Heute scheint die Sonne«. Der Imperativ bezeichnet die Befehlsform, z.B. «Gib das her!»

Der Konjunktiv wird auch als Möglichkeitsform bezeichnet, weil er Wünsche und Möglichkeiten ausdrückt. Aus der Umgangssprache ist er dir vor allem mit «würde» bekannt: «Du hast versprochen, du würdest dich melden.» 

 ! Deutsch ist eine würde-lose Sprache! Denn meistens ist der Gebrauch von würde falsch. Statt automatisch «würde» zu verwenden, ist es wichtig, zwischen Konjunktiv I und Konjunktiv II zu unterscheiden. 

Konjunktiv I

Der Konjunktiv begegnet dir vor allem in der indirekten Rede. Mit ihr gibst du wieder, was jemand anderes gesagt hat. Um das kenntlich zu machen, setzt du das Verb in den Konjunktiv, in der Regel in den Konjunktiv I.

Bildung des Konjunktiv I

Um den Konjunktiv I zu bilden, benötigst du den Verbstamm im Indikativ Präsens. Beim Indikativ Präsens handelt es sich sozusagen um die Normalform des Verbs. Du bildest sie, indem du an die Wurzel des Verbs verschiedene Endungen anhängst. Die entsprechende Endung richtet sich dabei nach dem verwendeten Personalpronomen, z.B. Ich lerne, du lernst, wir lernen usw.

Um den Verbstamm zu bestimmen, den du für die Bildung des Konjunktiv I brauchst, schaust du dir einfach den Infinitiv, also die Grundform des Verbes an, z.B. gehen, essen, lernen usw. Die Grundform endet meist auf -en. Dieses streichst du weg und es bleibt der Verbstamm übrig, z.B. geh-, ess- oder lern-. An diesen Stamm hängst du jetzt folgende Endungen an:

  • –e, 
  • –(e)st, 
  • –e, 
  • –en, 
  • –et, 
  • –en

Die folgende Tabelle veranschaulicht die Bildung des Konjunktiv I noch einmal:

PronomenEndungInfinitivStammStamm + Endung
ich-egehengehgeh + e
du-estgehengehgeh +est
er/sie/es-egehengehgeh + e
wir-engehengehgeh +en
ihr-etgehengehgeh +et
sie-engehengehgeh +en

In der Umgangssprache wird beim Gebrauch des Konjunktivs ziemlich geschlampt. Aber achte beim Nachrichten gucken mal auf die Moderationen der Nachrichtensprecher /-innen. Sie verwenden sehr häufig die indirekte Rede, um wiederzugeben, was ein /-e andere /-r gesagt hat.

Ausnahme: das Verb «sein»

Spätestens seit dem Vokabeln lernen im Englischunterricht weißt du, dass die Grammatik zwischen regelmäßigen und unregelmäßigen Verben unterscheidet. Unregelmäßige Verben werden anders gebildet als die regelmäßigen, hier gelten die gängigen Bildungsregeln eben nicht. In den meisten Sprachen gehört das Verb «sein» zu den unregelmäßigen Verben. Das ist auch im Deutschen so. Wichtig zu wissen ist das, um den Konjunktiv I richtig zu bilden. Dieser leitet sich vom Verb «sein» nämlich wie folgt ab:

Invintivichduer/sie/eswirihr sie
seinseisei(e)stseiseienseietseien

Beispiele:

  1. Er sagte, sie sei die beste Freundin, die er je hatte.
  2. Trudy behauptet, wir seien zu feige, um mit ihr Fallschirmspringen zu gehen.
  3. Meine Mutter denkt, ich sei unehrlich gewesen.

Verschiedene Zeiten

Der Konjunktiv I muss nicht immer im Präsens stehen wie in unseren Beispielen. Neben der Gegenwart kannst du ihn in drei weiteren Zeitformen verwenden:

  1. Theresa sagte, dass sie eine Stunde auf Ahmed gewartet habe. (Perfekt)
  2. In einer Woche werde sie am Strand liegen, schwärmte Sarah. (Futur I)
  3. Bartosz sagte, morgen um diese Zeit werde er seinen Science-Fiction-Roman zur Hälfte fertig gestellt haben. (Futur II)

Welche Zeit du verwenden musst, kommt auf den Zusammenhang sowie die Zeit, die in der indirekten Rede verwendet wird, an. 

Gebrauch des Konjunktiv I

Du kannst jetzt den Konjunktiv I bilden, aber: Was machst du damit? Wie eingangs erwähnt, verwendest du den Konjunktiv vor allem im Zusammenhang mit der indirekten Rede. Während die direkte Rede eine wörtliche Rede ist, die durch Anführungszeichen gekennzeichnet ist, gibt die indirekte Rede eine Äußerung wieder, ohne diese wörtlich zu wiederholen.

Beispiel:

Direkte Rede: Vlad: «Ich habe keinen Bock auf Lernen.»
Indirekte Rede: Vlad sagte, er habe keinen Bock auf Lernen. 

Direkte Rede: Elif: «Du kannst so gut kochen.»
Indirekte Rede: Elif lobte, ich könne so gut kochen.

Direkte Rede: Lehrer: «Ihr Sohn fällt im Unterricht immer wieder unangenehm auf.»
Indirekte Rede: Dein Lehrer sagte mir, du fallest im Unterricht immer wieder unangenehm auf. Oder: Der Lehrer sagte, ihr Sohn falle im Unterricht immer wieder unangenehm auf.

Konjunktiv II

Neben dem Konjunktiv I gibt es noch den Konjunktiv II. Ihn verwendest du in zwei Fällen:

  1. Du möchtest eine Irrealis ausdrücken.
  2. Du kannst den Konjunktiv I in der indirekten Rede nicht verwenden, weil er mit dem Indikativ identisch ist.

Beide Fälle erklären wir dir jetzt. Zunächst aber solltest wissen, was die Bildung des Konjunktiv II von der Bildung des Konjunktiv I unterscheidet.

Bildung des Konjunktiv II

Zur Bildung des Konjunktiv II verwendest du den Indikativ Präteritum, also die einfache Vergangenheitsform des Verbs, z.B. kam, kochte, hatte. Dann hängst du wieder die Endungen des Konjunktivs an:

  • –e, 
  • –(e)st, 
  • –e, 
  • –en, 
  • –et, 
  • –en

Eine Besonderheit des Konjunktiv II: Bei unregelmäßigen Verben mit a, o oder u, werden diese zu einem Umlaut, also

  • a zu ä
  • o zu ö
  • u zu ü

In dieser Tabelle siehst du, wie die Bildung des Konjunktiv II funktioniert:

VerbStamm im PräteritumKonjunktiv II
gehengingIch ginge
kochenkochtedu kochtest
kommenkamsie käme
seinwarwir wären
sollensollteihr solltet
essensie äßen

Einige dieser Verbformen kommen dir im Konjunktiv II vielleicht etwas komisch vor, beispielsweise «äße» oder der Konjunktiv II von backen, «büke» (denn die ältere und immer noch richtige Präteritumform von backen ist nicht backte sondern «buk«). Das liegt daran, dass der der Konjunktiv II meist völlig falsch gebraucht wird. Schuld daran ist das Hilfsverb «würden«, das oft mit dem Konjunktiv II gleichgesetzt wird. Das ist aber nicht richtig. Denn «würden» ist lediglich eine Ersatzform. Sie greift, wenn Verben im Konjunktiv II mit dem Indikativ Präteritum identisch sind.

Beispiel:

InfinitivIndikativ PräteritumKonjunktiv IIErsatzform
machenich machteich machteich würde machen
lernener lernteer lernteer würde lernen
kochenwir kochtenwir kochtenwir würden kochen
wir-engehengeh

Das Hilfsverb «würde» kommt also nur zum Einsatz, um Verwechslungen auszuschließen und den Konjunktiv klar vom Indikativ unterscheiden zu können. Sätze wie «Ich würde essen» statt «Ich äße» sind grammatikalisch somit falsch und kein gutes Deutsch, auch wenn sie vor allem in der Umgangssprache ständig gebraucht werden.

Gebrauch des Konjunktiv II

Auch beim Konjunktiv I kann der Fall auftreten, dass er mit dem Indikativ übereinstimmt. Als Ersatzform greifst du dann auch den Konjunktiv II zurück.

IndikativIndikativ PräsensKonjunktivErsatzform Konjunktiv II
gehenich geheich geheich ginge
lernenwir lernenwir lernenwir lernten

Neben der indirekten Rede brauchst du den Konjunktiv auch, wenn du irreale, also nicht wirkliche Situationen beschreibst. Diese Sätze sind eine bestimmte Art von Nebensätzen und werden als Konditionalsätze bezeichnet. Du kennst sie auch aus dem Englischen als if-Sätze.

Wenn ich reich wäre, würde ich eine Weltreise machen.
Wenn ich du wäre, würde ich mehr lernen.

Oder du drückst mit dem Konjunktiv II Wünsche aus:

Ich wünschte, du würdest mir einmal zuhören. (Hier sind Indikativ Präteritum «du hörtest» und Konjunktiv II identisch, deswegen verwendest du hier die Ersatzform mit «würde».)
Ich wünschte, ich läge jetzt am Strand.

Der Konjunktiv II wird somit also in folgenden Fällen gebraucht:

  1. In der indirekten Rede als Ersatzform für den Konjunktiv I.
  2. Um eine Irrealis oder Wünsche auszudrücken.
  3. in Konditionalsätzen.

FAQ: Häufige Fragen zum Konjunktiv

Wie bildet man Konjunktiv I und II?Was ist Konjunktiv 2 Beispiel?Kann man Konjunktiv 1 und 2 in einem Satz verwenden?

Konjunktiv I und II im Überblick

  • Der Konjunktiv ist ein bestimmter Modus.
  • Du kannst zwischen Konjunktiv I und II unterscheiden.
  • Der Konjunktiv l leitet sich vom Indikativ Präsens, der Konjunktiv II vom Indikativ Präteritum ab, 
  • Den Konjunktiv I brauchst du für die indirekte Rede.
  • Konjunktiv II drückt Wünsche oder eine Irrealis aus.
  • In der indirekten Rede verwendest du den Konjunktiv II, wenn Indikativ und Konjunktiv I identisch sind.
  • Deutsch ist eine würde-lose Sprache! Das Hilfsverb «würde» ist nur eine Ersatzform, die du nur dann verwendest, wenn Konjunktiv II und Indikativ Präteritum übereinstimmen.